Gesamtausgabe 2/2016 zum Herunterladen nur für Mitglieder

Inhalt

Schwerpunkt: Klima – Fazit und Perspektiven nach Paris>/h5>
  • Einführung
  • Wo stehen wir nach dem klimavertrag von Paris?
  • Unsere Erde ist noch zu retten - Länder und Unternehmen müssen jetzt handeln
  • Mensch, Klimaschutz und Klimaanpassung - Neues nach der Cop 21?
  • Die Rolle der internationalen Klimafinazierung und globaler Inversititonsströme für die umsetzung des Pariser Abkommens
  • Risiken aus dem Klimawandel - Persepktive eines Rückversicherers nach der COP21
VGöD-Intern
  • Bericht von der Klausurtagung des Vorstandes
  • Einladung zur VGöD-Jahrestagung
  • Kurzmitteilungen
  • Einladung zur Jahreshauptversammlung
  • Aufruf zur Mitarbeit!
Geoökologie
  • GeoökologInnen erzählen
  • Master-Studierende erzählen
  • Berufsinformationsveranstaltung für GeoökologInnen in Karlsruhe
  • Berufsfelder
Neues aus Forschung und Praxis
  • Küsten-Ökohydraulik – Ökosystemdienstleistungen als Brücke zwischen Geoökologie und Ingenieurwesen
  • Wie geht es weiter mit der Exzellenzinitiative?
  • Klasse Klima – heißkalt erwischt: Ein Bildungsprojekt der drei großen Jugendumweltverbände

Klima – Fazit und Perspektiven nach Paris

Jörg Matschullat, Freiberg

Auf der 21. UN-Klimakonferenz in Paris (Conference of the Parties, COP21) Ende 2015 haben sich die Staaten darauf verständigt, die Erderwärmung auf „deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen“.

Mit diesem Satz beginnt Mojib Latif (Geomar Kiel) seinen Beitrag, in dem er die Frage stellt, wo wir denn nun nach dem Pariser Abkommen stehen. Diese Einigung kommt spät, vor allem, wenn man die sehr ehrgeizige Zielstellung mit dem wirklichen Verhalten der Weltbevölkerung in den letzten Jahren und Jahrzehnten versucht zu verbinden. Latif präsentiert die Entwicklung des anthropogenen Klimawandels und den aktuellen Wissensstand in Kurzform, zeigt, dass eine Begrenzung auf +1,5 Grad Celsius wohl kaum zu verwirklichen ist – und macht dennoch Hoffnung, indem er den Leserinnen und Lesern die Erfolge der globalen Dekarbonisi rung der wenigen letzten Jahre vor Augen führt.

Martin Kaiser und Christin Büttner (Greenpeace Deutschland) unterstützen diese hoff- nungsfrohe These von Mojib Latif und weisen auf die großen Veränderungen im weltweiten Bewusstsein hin – und besonders auf die zahlreichen Aktivitäten der Zivilgesellschaft. Auch betonen sie, welch außergewöhnlich positives Ergebnis das Pariser Abkommen erreicht hat, angesichts der aktuell viel drängender erscheinenden Herausforderungen von Krieg, Massenmigration und Not. Sie erklären dieses Ergebnis auch mit der Anerkenntnis einer notwendigen weltweiten technologischen Energiewende – in der Tat ein Novum auf der internationalen politischen Bühne. Hierzu weisen sie besonders Deutschland und Europa Verantwortung und eine Führungsrolle zu. Denn wir können es uns am ehesten (finanziell) leisten, mutig andere Randbedingungen auszuprobieren.

Ein konkretes Beispiel dafür, wie reagiert und auch pro-aktiv agiert werden kann, diskutieren Jörg Matschullat und Stephanie Hänsel (TU Bergakademie Freiberg). Dort wird das BMBF- gestützte Klimaanpassungsprojekt REGKLAM in den Fokus gestellt – als Beispiel zahlreicher ähnlicher Initiativen (KLIMZUG) in Deutschland. Denn bei näherer Betrachtung geht doch einiges: Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Stadt- und Raumplanung so- wie das produzierende Gewerbe – auf allen Gebieten lassen sich deutlich nachhaltigere Lösun- gen finden, die effektiver Mitigation und Anpassung dienen.

Dass solcher Wandel wiederum vielfach auch mit hohen Ausgaben verbunden ist, dürfte nahezu selbsterklärend sein. Bianka Kretschmer (Climate Analytics Berlin) diskutiert diese Kos- ten. Wie finanziert man diesen Wandel? Die Herausforderung erscheint unmittelbar handhabbarer, wenn man sich vergegenwärtigt, mit welchen Kosten Klimawandel-bezogene Ereig- nisse und Veränderungen verbunden sind. Zugleich gilt es sich bewusst zu machen, dass es beim Thema Klimawandel nicht mehr um nationale Egoismen gehen kann und dass reale Kosten, die zum Beispiel in diversen Ländern Asiens oder Afrikas als Folge von Klimawandel auftreten, gemeinsam und solidarisch zu tragen sind. Hier lohnt es sich, auch ältere Literatur wie den Stern-Report (2006) noch einmal zur Hand zu nehmen. Die reicheren Nationen haben in Paris Zugeständnisse gemacht – man wird sie an ihren Taten messen. Doch auch relativ bescheiden investierende Bürger können sich aktiv beteiligen, zum Beispiel an der glo- balen Divestment-Kampagne, und in Summe erheblichen Druck auf Unternehmen ausüben, die sich den notwendigen Veränderungen gegenüber resistent zeigen.

Sollte es noch immer an Motivation fehlen, um Konsequenzen aus unserem bisherigen Tun zu ziehen (es ist ja noch immer gut gegangen), dann hilft der Beitrag von Eberhard Faust (Munich Re) die aktuelle Herausforderung einzuordnen. Er spannt den Bogen noch weiter und fokussiert nicht allein auf das Thema Klimawandel, sondern bezieht (zu Recht) die massiven Veränderungen, die unsere Zeit zu einem „Anthropozän“ gemacht haben, mit ein. Rückversicherungsunternehmen sind sehr nüchterne Betrachter der Wirklichkeit. Sie beobachten sehr genau die tatsächlich entstehenden dynamischen Kosten von Prozessen, die durch globalen Wandel ausgelöst werden: Extremwitterung und -ereignisse ebenso wie Migrationsbewegungen und Kriege. Es gibt wenig Zweifel, dass bereits heute weltweit steigende Kosten auch durch Klimawandel-bedingte Veränderungen zu verzeichnen sind. Und wie im Beitrag von Bianka Kretschmer lässt sich unschwer erkennen, dass Kostenver- meidung eine gute Strategie ist zur Klimaanpassung. Doch Kostenvermeidung ist im Gesamtsystem unrealistisch, wenn Werte und Entschädigungskosten steigen. Eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zeigt, dass es klüger wäre, entsprechende Gelder in Mitigation zu investieren – und den erklärten Zielen des Pariser Abkommens nahe zu kommen. Machbar wäre es.